Die Bekanntschaft von Franz Max Herzog und Louis Moilliet wurde vermutlich durch Peter Mieg vermittelt, der den Maler seit den 20er Jahren kannte und ihn später auch in seiner Dissertation berücksichtigte. In einem undatierten Brief an Herzog schrieb Moilliet: «Du bist mir so lieb wie zur ersten Stunde unserer Begegnung – damals mit dem unvergesslichen Ami, im Park Grand Hôtel Vevey». Vor allem als Herzog 1948 in Foug am Murtensee lebte, während Moilliet bei Vevey zu Hause war, kam es zu vielen Begegnungen und gegenseitigen Besuchen. Nach dem Bericht von Peter Mieg ging es bei diesen Treffen immer hoch zu und her: «Wenn Max und Louis zu zweit waren und umhergefahren sind und gesoffen haben, dann ging es natürlich sehr hoch her. Ich habe selten gesoffen, ich habe Moilliet sehr gut gekannt und sehr gut gemocht, aber unsere Beziehung war eher seriös, während die zwischen Max und Moilliet völlig unseriös war. Moilliet ist 1880 geboren und 1962 gestorben, also mit 82 Jahren. Max ist 1911 geboren. Sie waren also 30 Jahre auseinander. Es war eine rein menschliche, persönliche Bekanntschaft. Es war nie eine Beziehung wie mit Philippe. Louis war ein Schürzenjäger sondergleichen, ein ganz ausschliesslicher Schürzenjäger. Über ihre Erlebnisse mit Schürzen konnten sie sich stunden- und tagelang unter schallendem Gelächter unterhalten. Sie haben sich gegenseitig die verrücktesten Frauenromane und Geschichten erzählt und all diese Mittel, die sie angewendet haben, um ihre Potenz noch zu steigern. Also das Verrückteste, wirklich. Ich weiss nur, es war in den 40er Jahren, als irgendein Präparat aufkam, das die beiden dann ausprobierten. Und sie haben sich dann von ihren Erfahrungen erzählt. Moilliet war wahrscheinlich schon 60 oder 70, als er Max noch von einer Hormonkur predigte, die er durchgemacht hat, damit seine Potenz erhalten bleibe und er seine ‹aventures› ja weiter treiben könne.
Wenn die beiden miteinander alleine waren, waren natürlich zwei wirklich Verrückte zusammen, und sie haben diese Zustände kolossal genossen. Es waren beide komplett ‹gschüpfti› Leute, und sie haben einander die verrücktesten Sachen erzählt und sich gegenseitig in ihren blöden Witzen gesteigert. Moilliet war selber ein kolossal lebhafter und bewegter Mensch und hat auf menschlichem Gebiet enorm viele Erfahrungen gemacht in seinem langen Leben, eigentlich eher negative Erfahrungen oder Erfahrungen, die sicher nicht positiv waren. Die beiden haben sich eben so kolossal verstanden, weil beide ein sehr vages Leben und ein Leben nach Launen und nach Phantasien gelebt haben. Das kommt ja auch in dieser Schilderung, die Hermann Hesse von Moilliet im Klingsor gemacht hat, zum Ausdruck, wo er sagt, Louis sei ein ständiger Wanderer, der die ganze Zeit irgendwo unterwegs sei. Das ist er effektiv gewesen. Louis war ein rasender Autofahrer und fuhr kreuz und quer durch Europa, ganz nach seiner Phantasie und ganz nach seinen Stimmungen. Und in diesem Sinn ist Max kolossal ähnlich gewesen. Dass sich die beiden derart angezogen haben und sich so gefunden haben, eben in dieser Unbestimmtheit und in dieser Vagheit und im Phantastischen, das erstaunt mich absolut nicht.»
Auch wenn Louis Moilliet im Malerischen keinen direkten Einfluss auf Franz Max Herzog hatte, so haben sie sich sicher gegenseitig ihre Bilder gezeigt und auch ernsthaft künstlerische Fragen besprochen. Herzog meinte, dass diese Freundschaft mit Moilliet «nicht von ungefähr» sei, und an Hermann Hesse schrieb er: «Hauptsächlich aber ist mir sein [Moilliets] jeweiliger Besuch immer die allergrösste und auch endgültige Anregung für meine eigene Malerei, die mir jene selbstvergessenden Stunden verleiht wie irgend eine betörende Medizin.»
Beat Hanselmann